Druck in der Pflege ist hoch

Neue Herausforderungen in der Pflege waren ein Schwerpunkt der 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG) in Berlin. Peer Köpf als Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigte erheblichen bürokratischen Mehraufwand und Softwareinvestitionen als Folge der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung auf. Die DKG betrachtet Untergrenzen durch die Ausgliederung der Pflegekosten aus den DRG bereits als „Auslaufmodell“. Vera Lux, Pflegedirektorin des Universitätsklinikums Köln, sah neben einigen positiven Effekten durch die Untergrenzen „viel Sprengstoff“ durch finanzielle Risiken, ungewollte Verschiebungen von Personal und die Deutung dieser Grenzen als oberes Limit für die Erstattung des Personalaufwands.

Ausweichstrategien der Kliniken mit dem Einsatz von Zeitarbeit in der Pflege und dem Anwerben ausländischer Pflegefachpersonen waren ebenfalls Thema auf der Jahrestagung. Gunnar Sander, Geschäftsführer der Buurtzorg Deutschland Nachbarschaftspflege aus Münster, stellte demgegenüber ein revolutionäres Organisationsmodell für die ambulante Pflege vor. Buurtzorg gibt eigenständigen, kleinen Teams vor Ort ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Eigenverantwortung und erreicht damit hohe Mitarbeiterzufriedenheit und zugleich Kostensenkungen. Jürgen Brueggemann, Teamleiter Pflege beim Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), stellte den neuen Pflege-TÜV, der ab Herbst diesen Jahres zur Bewertung der Heimpflege zur Anwendung kommen soll. Die Prüfergebnisse sollen in Zukunft die Versorgungsrealität besser abbilden.

Entsprechend ihrem Motto „Qualität hat viele Facetten“ beleuchtete die Veranstaltung weitere aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitsversorgung. PD Dr. med. Wilm Quentin, TU Berlin, stellte Konzepte zur medizinischen Qualitätsverbesserung aus einer Reihe europäischer Länder vor. Dr. Dennis Boywitt, Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), berichtete, nach welcher Methodik das IQTIG verlässliche Qualitätsindikatoren erarbeiten möchte. Dirk Wolff, Qualitätskoordinator des Centre Hospitalier Neuro-Psychiatrique in Ettelbrück/Luxemburg, erläuterte das Programm „Prime Qualité“, den luxemburgischen Weg zur Qualitätsverbesserung in Kliniken.

Einen beeindruckenden Einblick in US-amerikanische Erfahrungen mit der sektorenübergreifenden Digitalisierung der Gesundheitsversorgung bot Dr. Ben Illigens, Vorstand von UniversitätsMedizin IT, einem Unternehmen der deutschen Hochschulmedizin. Die Psychologin Nora Blum stellte das Startup Selfapy zur Online-Therapie ausgewählter psychischer Erkrankungen vor. Die Kurse werden in Zusammenarbeit mit renommierten Lehrstühlen erarbeitet und als Medizinprodukte zertifiziert. Ihre Wirksamkeit ließ sich bereits in Studien belegen, sie sind möglicherweise geeignet, Versorgungslücken in der psychotherapeutischen Versorgung zu verkleinern.

Aus einer Reihe von Workshops konnten die Teilnehmer der Jahrestagung darüber hinaus ihre persönlichen Schwerpunkte (Kommunikation, Risikomanagement, Kennzahlen, Pflege und Qualität  u.a.) wählen. Den Best-Abstract-Preis der GQMG gewann in diesem Jahr Dr. Cindy Scharrer aus dem Universitätsklinikum Köln mit dem Projekt „Entwicklung eines Pflegetrainings und einer Pflegeberatung für Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen nach Nierentransplantation an der Uniklinik Köln“.

Das Programmteam der GQMG-Jahrestagung unter Leitung von Vera Lux zeigte sich hoch zufrieden mit der inhaltlichen Breite der Vorträge: „Qualitätsmanager in der Gesundheitsversorgung konnten sich in diesem Jahr erneut zu vielen Facetten ihres Fachs informieren.“ Teilnehmer aus den verschiedensten Einrichtungen profitierten wieder von der praktischen Relevanz für ihre tägliche Arbeit und den Informationen über hochaktuelle Entwicklungen. Lux verweist Interessierte zur Vertiefung der Themen auf das GQMG-Summercamp vom 12.- 15. September in Aschaffenburg.

Ausführliche Informationen unter Qualität hat viele Facetten. Jahrestagung Berlin 2019


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